Ehrenamt zwischen Anerkennung und Honorierung

Expertengespräch im Landratsamt München

Foto: Diskussionsrunde

Landrat Christoph Göbel im Gespräch mit Akteuren aus dem Bereich Ehrenamt, u. a. Andreas Schulz, Paritätischer Wohlfahrtsverband Oberbayern und Sprecher der Arge NBH, und Philippe Ludwig, Koordinator für Bürgerschaftliches Engagement vom Landratsamt München. (v. l. n. r.)

Nutzen finanzielle Anreize dem Ehrenamt? Oder schadet eine Monetarisierung dem bürgerschaftlichen Engagement? Hätte es gar Einfluss auf die Motivlage der Engagierten? Diese und andere Fragen diskutierten wichtige Akteure Mitte November in einem Expertengespräch zum Thema "Ehrenamt zwischen Anerkennung und Honorierung" im Landratsamt.

"Für mich bedeutet Bürgerschaftliches Engagement die freiwillige, unentgeltliche und gemeinwohlorientierte Investition von Zeit, Geld, Wissen oder Ideen der Bürgerinnen und Bürger. Die Triebfeder des Engagements ist vor allem der Wunsch, soziale Verantwortung zu übernehmen." so Landrat Christoph Göbel, der viele der Herausforderungen gemeinnütziger Organisationen noch aus seinen Zeiten als Bürgermeister kennt.

"Trotzdem schließen die Kernkriterien der Freiwilligkeit, Unentgeltlichkeit und Gemeinwohlorientierung den Ersatz von Auslagen keinesfalls aus, oft sind diese auch notwendig, um gesellschaftliche Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen." so der Landrat. Durch direkte Geldzahlungen über den Auslagenersatz hinaus, finde jedoch eine Annäherung des freiwilligen Engagements an beruflich erbrachte Arbeit statt, was nicht unproblematisch sei.

Vergütungen - Ja oder Nein?

In der folgenden Diskussion ging es im Kern um die Frage, welche Auswirkungen "Vergütungen" jedweder Art auf das Ehrenamt haben. Einen ganzen Tag lang diskutierten Experten aus dem Arbeitsrecht, Verbänden, der Versicherungsbranche, der Politik, Verwaltung und Praxis diese Frage. Viele der Teilnehmer am Expertengespräch waren der Ansicht, dass ein Bedarf an finanzieller Anerkennung in bestimmten Bereichen des Engagements bestehe. "Der Bedarf an Versorgungsangeboten durch Ehrenamtliche darf aber nicht dazu führen, dass bürgerschaftliches Engagement ein Deckmantel zur Verschleierung sozialer Bedarfe wird", so Philippe Ludwig, Koordinator für Bürgerschaftliches Engagement vom Landratsamt München.

Das Expertengespräch entsprang einer Initiative der Arbeitsgemeinschaft der Nachbarschaftshilfen (Arge NBH) München-Land, vertreten durch Andreas Schultz, Paritätischer Wohlfahrtsverband Oberbayern und Sprecher der Arge NBH, in Zusammenarbeit mit dem Koordinierungszentrum Bürgerschaftliches Engagement des Landkreises München.

Ziel der Veranstaltung war es, die Diskussion um die Auswirkungen der "Monetarisierung" des Ehrenamts zu bündeln, aus den unterschiedlichen Perspektiven heraus den Status quo zu beschreiben, Probleme zu identifizieren und Lösungsansätze zu diskutieren. Damit soll einerseits ein Beitrag zur Rechtssicherheit für Organisationen und Ehrenamtliche geleistet und
andererseits die Zukunft des Modells "Freiwilliges Engagement" sichergestellt werden.

Ehrenamt oftmals ohne Aufwandsentschädigung

In Bayern werden jährlich etwa 710 Millionen Arbeitsstunden ehrenamtlich erbracht. Im Landkreis München werden allein durch die Nachbarschaftshilfen annähernd 158.000 ehrenamtliche Stunden geleistet - hiervon circa ein Drittel gänzlich ohne Aufwandsentschädigung.