Erste Traglufthalle startklar

Rund 1.200 Bürgerinnen und Bürger besuchten am Sonntag die innovative Notfallunterkunft in Taufkirchen. Das Landratsamt München freut sich über viel positives Feedback aus Bevölkerung und Helferkreisen.

Foto: Landrat Göbel vor Traglufthalle

Landrat Göbel spricht über die Situation der Flüchtlinge im Landkreis.

Foto: Besucher in der Traglufthalle

Besucherandrang in der Traglufthalle

Foto: Kinderecke

Auch an die Kinder ist gedacht worden.

Auch Regierungspräsident Hillenbrand, Landräte benachbarter Landkreise, ein Vertreter des Österreichischen Innenministeriums, zahlreiche Kreisräte, Bürgermeister, Gemeinderäte sowie Vertreter von Vereinen und Institutionen machten sich persönlich ein Bild von der hohen Qualität dieser Notfalllösung.

"Wir wollen keinen neuen Akzent in der Asylpolitik oder der Unterbringung der Flüchtlinge setzen, aber wir müssen der Entwicklung Rechnung tragen", betonte Landrat Christoph Göbel und wies darauf hin, dass der Höhepunkt der Flüchtlingswelle noch lange nicht erreicht ist und die Traglufthallen leider eine notwendige Übergangslösung sind.

Rund 600 Asylbewerber musste das Landratsamt bis jetzt schon behelfsmäßig in Turnhallen unterbringen. Bei derzeit rund 90 Neuzuweisungen pro Woche rechnet man mit der Ankunft von weiteren rund 2.000 Asylsuchenden bis Jahresende.

Landkreis München erwartet 2015 rund 4.000 hilfesuchende Menschen

"Diese Menschen unterzubringen und zu versorgen ist eine gesamtgesellschaftliche Mammutaufgabe, bei deren Bewältigung man im Landratsamt München in den vergangenen Monaten so manches vorsichtig übersehen musste" schmunzelt der Landrat und fügt ernst hinzu, "das passt sonst gar nicht zu unserer Behörde". Aber bis Jahresende werden wohl fast 4.000 hilfesuchende Menschen den Landkreis München erreicht haben. "Das globale Problem der Flüchtlinge sei damit auch in den Landkreisgemeinden angekommen", so Göbel weiter.

Da feste Sammelunterkünfte in dieser Größenordnung in der Kürze der Zeit nicht aus dem Boden gestampft werden können, setzt der Landkreis auf Traglufthallen als Übergangslösung. "Damit kann eine weitere Zweckentfremdung von Sporthallen im Landkreis vermieden und die bereits belegten Turnhallen bis spätestens nach den Sommerferien wieder ihrer eigentlichen Nutzung zugeführt werden", so Landrat Christoph Göbel und weist daraufhin, dass die Asylbewerber in den Traglufthallen wenigstens ein Minimum an Privatsphäre und attraktivere Gemeinschaftsflächen als in den Turnhallen haben.

Taufkirchens Erster Bürgermeister Ullrich Sander ist stolz darauf, dass seine Gemeinde nun die erste von geplanten sieben Traglufthallen im Landkreis München beheimatet. "Der engagierte Helferkreis steht bereits in den Startlöchern und kann die Ankunft der Asylbewerber kaum mehr erwarten", betont der Gemeindeerste und lässt dann die Drucklufttüren der Halle öffnen, damit die vielen Menschen sich selbst ein Bild machen können.

In Scharen drängen sich die Landkreisbürgerinnen und -bürger dann in die Halle, wo viele von Ihnen erstaunt stehen bleiben, um den großzügigen, freundlichen und lichten Gemeinschaftsbereich mit vielen Couchen, Tischen und Stühlen erst einmal auf sich wirken zu lassen.

Doch noch ist nicht alles fertig. Die am Bau beteiligten Firmen legen heute noch einmal unter Hochdruck letzte Hand an. So muss beispielsweise noch die Klimaanlage um ein Bauteil ergänzt werden, damit in der Halle angenehme Temperaturen herrschen, wenn die ersten Asylbewerber eintreffen. Auch das Kantinenmodul trifft erst heute ein und ein paar Fernseher werden noch im Aufenthaltsbereich montiert.

Die Halle bietet Platz für 300 Asylbewerber - die ersten von ihnen kommen schon in dieser Woche

Rund fünf Wochen Zeit brauchte die Berliner Firma PARANET-Deutschland GmbH, die bereits gute Erfahrungen mit der Unterbringung von Asylbewerbern sowie Obdachlosen in einer solchen Halle gemacht hat, vom Setzen der Verankerung bis zum Aufblasen der lichtdurchlässigen Hülle. Bis zu 300 Asylbewerber finden vorübergehend einen Platz zum Leben in den Hallen. Obwohl es sich bei den Traglufthallen explizit um Notunterkünfte handelt, ist die Aufenthaltsqualität wesentlich höher als in einer Sporthalle, in der die Stockbetten oft nicht einmal durch Trennwände in kleinere räumliche Einheiten unterteilt werden können.

Auch an einen Spielbereich für Kinder ist gedacht

In den klimatisierten Traglufthallen hingegen werden nach oben offene, separate Einheiten mit jeweils sechs Betten gebildet. Jede Einheit erhält Spinde, einen Tisch und Stühle. Darüber hinaus gibt es Speise- und Aufenthaltsbereiche sowie einen Spielbereich für Kinder. Die sanitären Anlagen befinden sich in eigenen Containereinheiten innerhalb der Halle. Auch die Objekt- und Sozialbetreuung bekommt eigene Arbeitsräume. Die Halle verfügt darüber hinaus über einen eigenen Krankenbereich.

In Taufkirchen stehen den Asylsuchenden Sozialbetreuer der Caritas als Ansprechpartner für alle Fragen des täglichen Lebens zur Verfügung. Von Montag bis Freitag wird tagsüber immer mindestens ein Mitarbeiter vor Ort sein. Die Verpflegung mit Essen erfolgt über einen Caterer.

Die Traglufthallen haben eine konstante Raumtemperatur von 20 bis 25°C mit Nachtabsenkung. Das Heizgebläse ist nahezu geräuschlos und wird vollelektronisch gesteuert. Sollte es zu einem Druckabfall in der Halle kommen, laufen die Notstromaggregate hoch und melden dies via hochsensiblen Sensoren per SMS direkt an die zuständigen Mitarbeiter. In der Halle sind permanent Objektbetreuer sowie Brandwachen vor Ort, die sich 24 Stunden um die Sicherheit der Bewohner kümmern.

Bei starkem Wind wird der Druck in der Halle automatisch etwas erhöht, um ihr die notwendige Stabilität zu geben. Im Falle starken Schneefalls werden sowohl der Druck als auch die Temperatur in der Halle erhöht. Auf diese Weise kann der Schnee schnell abtauen.

Technische Daten:

  • Maße: 72m x 36m x 9m
  • Heizgebläseanlage 400 KW
  • Folien und Boden (Holzsparren, B1 schwer entflammbar)
  • Haupteingang mit Personenschleuse, darüber hinaus 6 Nottüren
  • 5 WC-Container und 6 Dusch-Waschcontainer (Damen / Herren),
  • 70 % Tageslichteinfall und ca. 25.000 m³ Frischluftzufuhr pro Stunde
  • Gewicht ca. 4 Tonnen
  • Statische Sicherheit durch Seilnetz mit Kraftumleitung in Bodenanker
  • Schnee- und sturmsicher durch digitale Drucksteuerung und Entwässerungsdrainage
  • Energieeffiziente Wärmerückführung durch Umluftsteuerung
  • Heizung mit Gas
  • Zukunftsinnovation Photovoltaik (organische Solarfolie)


Die nächsten Traglufthallen werden in den kommenden Wochen in Neubiberg, Grünwald, Unterhaching und Oberhaching errichtet. Weitere Grundstücke sind derzeit in Feldkirchen, Planegg, Unterföhring und Unterschleißheim in Prüfung. Mitte dieser Woche werden die ersten Asylbewerber in Taufkirchen eintreffen. Bald darauf werden zudem die ersten Umzüge aus den belegten Turnhallen erfolgen.

"Ich wünsche mir, dass diese Form der Notunterbringung für alle Seiten eine gute und menschenwürdige Lösung ist - sowohl für die Asylbewerber, die zumindest ein wenig mehr Privatsphäre als in den Turnhallen haben, als auch die Bürgerinnen und Bürger, denen die Turnhallenunterbringung ebenfalls viel Verständnis abverlangt", so Landrat Christoph Göbel. Sobald neue, feste Unterkünfte fertig werden, ziehen die Asylbewerber sukzessive nach dem Drehscheibenprinzip wieder aus den Hallen aus.