ISAR-Sozialraumdialog in Ottobrunn

Erster Sozialraumdialog unter dem Motto „Ressourcen kennen, aktivieren, integrieren“

Am 29. März 2023 fand in Ottobrunn der erste Sozialraumdialog unter Beteiligung der Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe und dem Bildungs- und Erziehungswesen im Rahmen des Projektes ISAR – Integrierte, Sozialraumorientierte Arbeit – statt. Ziel des Projektes ist es, die Soziale Arbeit im Landkreis München beteiligungsorientiert und sozialraumorientiert zu gestalten. Im Rahmen des Sozialraumdialogs sollen die Akteure in Ottobrunn enger miteinander vernetzt werden.

Familien in herausfordernden Situationen sollen dabei unterstützt werden, ihren Alltag durch die Ressourcen in ihrem Sozialraum gelingender bewältigen zu können. Diese sozialräumlichen Hilfen sind eine Form der Sozialen Arbeit, die sich auf die Bedürfnisse und Probleme von Menschen in einem bestimmten räumlichen Kontext konzentriert. Dabei werden nicht nur einzelne Personen oder Familien betrachtet, sondern auch das Umfeld, in dem sie leben. Dadurch soll eine gezieltere und passgenauere Unterstützung für Familien ermöglicht werden, welche nicht zwingend ausschließlich in einen professionellen Rahmen gebettet sein muss. Die Ressourcen im Lebensumfeld und Sozialraum sollen nutzbar gemacht und der Wille der Betroffenen in den Mittelpunkt gestellt werden.

Ottobrunn im Fokus: Gemeinsam für eine ganzheitliche Unterstützung

Ottobrunn wurde vom Kreisjugendamt München als einer von drei „Experimentierräumen“ im Rahmen des ISAR-Projekts ausgewählt. Zu Beginn des Sozialraumdialogs überreichte der Referatsleiter des Kreisjugendamts München, Uwe Hacker, an den Ersten Bürgermeister der Gemeinde Ottobrunn, Thomas Loderer, ein entsprechendes Zertifikat. Darin wird Ottobrunn als Modellgemeinde für das Pilotprojekt „Sozialräumliche Hilfen vor, mit und ohne Hilfen zur Erziehung“ bezeichnet. Loderer sagte die volle Kooperation der Gemeinde Ottobrunn zu. Der sozialräumliche und ressourcenorientierte Ansatz sei sehr vielversprechend, setze er doch vor allem darauf, was die Kinder, Jugendlichen und ihre Familien wollten und was sie selbst als förderlich zur Verbesserung ihrer Situation ansähen.

Anhand von Auswertungen des Kreisjugendamts München zeigt sich ein Unterstützungsbedarf der Kinder und Jugendlichen in Ottobrunn, sowie eine Überlappung von Problemlagen. Insgesamt sinkt zwar die Zahl der Fälle, in denen Familien Hilfen zur Erziehung nach SGB VIII bekommen. Dennoch bleibt die Frage: Was passiert im Sozialraum vor der Beantragung solcher Hilfen? Gerade hier besteht eine große Chance frühzeitig auf Probleme zu reagieren und passgenaue Hilfen für die Kinder, Jugendlichen und Familien zu schaffen.

Handlungsfeldübergreifende, beteiligungsorientierte und sozialraumorientierte Soziale Arbeit gemeinsam gestalten

Ein Impulsvortrag zum Thema Sozialraumorientierung und Ressourcenaktivierung von Prof. Dr. Stefan Godehardt-Bestmann, Professor für Soziale Arbeit an der IU Internationale Hochschule, bildete den Auftakt der Veranstaltung. Dieser thematisierte aus wissenschaftlicher Sicht die Bedeutung des Fachkonzepts Sozialraumorientierung von der fachlichen Motivation über die handlungsmethodischen Ableitungen zur Gestaltung eines Komplexitätsmanagements bis hin zu den strukturellen Bausteinen der ISAR-Praxis.

Prof. Dr. Godehardt-Bestmann hob hervor, dass es wichtig sei, die vorhandenen Ressourcen im Sozialraum zu kennen und zu nutzen. Diese können von zivilgesellschaftlichen Organisationen über Einzelpersonen bis hin zu professionellen Unterstützungsangeboten reichen. Durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure im Sozialraum können Synergien entstehen, die eine nachhaltige Verbesserung der Situation von Familien und Kindern ermöglichen. Es geht darum, dass die Fachkräfte kooperieren, Wissen austauschen und so statt isolierter Expertise voneinander profitieren können. Dies ist einer der Grundgedanken von ISAR.

Gelingender Familienalltag durch Unterstützung des nahen Sozialraums

Im Rahmen der Vorstellung des Teilprojekts "Sozialräumliche Hilfen" betonte Sandra Höhne, Fachbereichsleitung der Allgemeinen Jugend- und Familienhilfe im Kreisjugendamt München, die Bedeutung eines gelingenden Familienalltags durch die Unterstützung des nahen Sozialraums. Zunächst wird gemeinsam mit den betroffenen Familien geklärt, welchen Willen zur Veränderung sie selbst haben und welche Interessen sie verfolgen. Die Familie soll dann so begleitet werden, dass sie so früh wie möglich ohne professionelle Hilfe in den Regelsystemen des Alltags leben kann. Dabei sind die Angebote des Lebensumfeldes und des Sozialraums ohne oder gemeinsam mit den Ressourcen des Jugendamts zu nutzen. Die Expertise der Fachkräfte liegt darin, kommunikative sowie kreative Ermöglichungsräume herzustellen, in denen die Familien selbst für sich Klärungen herbeiführen können, wie ein zukünftiger Lebensweg und Alltag aus ihrer je eigenen Sicht, eben ihrem eigenen Willen, ein gelingenderer werden kann.

Die Vision ist ein gemeinsames, gemeindebezogenes Sozialraumteam, welches von einem Sozialraummanagement koordiniert wird. Dieses Team setzt sich aus verschiedenen Akteuren aus dem Kinder- und Jugendbereich zusammen. Gemeinsam arbeiten sie mit der Familie an möglichen Unterstützungen im Sozialraum. Die Idee hinter dem Konzept ist, dass die Fachkräfte durch die Zusammenarbeit im Team ihre Ressourcen bündeln und effektiver einsetzen können. Dieses Sozialraumteam soll durch die Koordination eines Sozialraummanagement unterstützt und begleitet werden. Dadurch entsteht die Möglichkeit, schneller auf Veränderungen im Sozialraum reagieren und bedarfsgerechte Angebote entwickeln zu können.

Während des anschließenden Austauschs in Arbeitsinseln kam es zu fachlich angeregten Diskussionen. Die Förderung der Sozialraumorientierung in Ottobrunn wurde praxisnah angegangen. Anhand von Fallbeispielen konnten die Expertinnen und Experten sozialräumliche Ressourcen sowie Barrieren identifizieren. Erste Vorstellungen und Erwartungen an die Umsetzung waren bereits greifbar. Die große präventive Landschaft erfordert ein gegenseitiges Kennenlernen und die Kenntnis der spezifischen Kompetenzen.


Als nächster Schritt wird im Rahmen des begonnenen partizipativen Gestaltungsprozess eine gemeinsame Haltung, wie man optimal die sozialraumorientiere soziale Arbeit in dem Sozialraum vorantreiben kann, erarbeitet.