Startschuss für die Inklusion ist gefallen

Foto: Auftaktveranstaltung Aktionsplan UN-BRK - Plenum

Vollbesetztes Plenum – behinderte und nichtbehinderte Menschen diskutieren über drängende Probleme auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft

Foto: Auftaktveranstaltung Aktionsplan UN-BRK - Arbeitsgruppe

Konzentrierte Arbeit in Kleingruppen: Michael John diskutiert mit Teilnehmern über konkrete Anliegen, immer unterstützt von Gebärdendolmetschern

Foto: Auftaktveranstaltung Aktionsplan UN-BRK - Bezirkstagspräsident Josef Mederer

Bezirkstagspräsident Josef Mederer appelliert bei der Auftaktveranstaltung in Ottobrunn zu engagierter Mitarbeit

Landkreis München erarbeitet Aktionsplan für die Belange von Menschen mit Behinderung

Nur einen Tag, nachdem die bayerischen Bezirke in ihrer Vollversammlung das mangelnde Engagement der Staatsregierung insbesondere beim Thema schulischer Inklusion kritisiert haben, startete im Landkreis München der Prozess zur Aufstellung eines Aktionsplanes, um die Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention vor Ort in die Tat umzusetzen. Im Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus kamen am 5. Juli rund 140 Betroffene, deren Angehörige und Vertreter von Behörden, Organisationen und Vereinen zusammen, um gemeinsam einen Handlungsleitfaden für den Landkreis München zu erarbeiten. Die Selbständigkeit von Menschen mit Behinderung zu fördern und ihnen gleichzeitig die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, steht dabei im Mittelpunkt.

Gesellschaft muss sich ändern

Bezirkstagspräsident Josef Mederer, der durch sein Kommen das Ansinnen des Landkreises wirksam unterstützt, bezeichnete eine gelingende Inklusion als Herkulesaufgabe. Denn Inklusion dürfe nicht auf das Absenken von Bordsteinkanten oder den Einbau von Aufzügen beschränkt bleiben. Er sei davon überzeugt, dass dieser Prozess die Gesellschaft verändern werde.

Auch Landrat Christoph Göbel betonte in seiner Einführung: "Bei der Bevölkerung muss ein Bewusstseinswandel einsetzen." Darum sei es ihm auch so wichtig, so der Landrat weiter, dass sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in den Prozess zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Landkreis München einbringen.

Erste Themen diskutiert

Der Anfang war am vergangenen Samstag gemacht. Unterstützt von Gebärden-und Schriftdolmetschern diskutierten Betroffene und Experten zunächst über die dringlichsten Probleme, mit denen Behinderte vor Ort zu kämpfen haben. Als zentrale Themen kristallisierten sich u. a. die Bereiche "Arbeit und Beruf", "Wohnen", "Öffentlicher Personennahverkehr" oder auch "Barrieren im Öffentlichen Raum" heraus.

In Kleingruppen wurde dann in zwei Workshoprunden versucht, konkrete Schwachpunkte herauszustellen und erste Handlungsbedarfe zu benennen. Viele Barrieren sind für Nicht-Behinderte auf den ersten Blick nicht unbedingt sichtbar. So gibt es zum Beispiel Fahrkartenautomaten im öffentlichen Nahverkehr, deren Tasten zwar durch Brailleschrift erklärt sind, doch die weiteren Schritte beim Ticketkauf werden mittels eines normalen Touchscreens - für Blinde nicht benutzbar - angezeigt. Ein wichtiges Thema stellt auch die politische Teilhabe sowie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit dar. In der Arbeitsgruppe, die sich mit diesem Thema befasste, fielen zahlreiche kritische Töne sowohl in Richtung Politik, Verwaltung und Medien als auch in Richtung der Behinderten selbst. Zugleich wurden mehrere konstruktive Ideen geboren, wie zum Beispiel die Erarbeitung einer mobilen Ausstellung über Behinderung. Auch wurde der Vorschlag eingebracht, dass behinderte Menschen in Schulen und Verwaltungen über die Lebenswirklichkeit behinderter Menschen informieren.

Bürgerbeteiligung auf unterschiedlichen Ebenen

Michael John vom Basis-Institut Bamberg, der den Prozess sozialwissenschaftlich begleiten wird, und der Behindertenbeauftragte des Landkreises München, Aleksandar Dordevic, skizzierten am Ende eines langen Tages, an dem engagiert diskutiert wurde, den weiteren Weg zum Aktionsplan.

Neben Befragungen von Betroffenen und Angehörigen und einer Kommunalbefragung wird es vor allem zahlreiche Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger geben, unmittelbar an dem Entstehungsprozess mitzuwirken. Diese Mitwirkung der Betroffenen und ihrer Angehörigen ist entscheidend für das Gelingen dieses Prozesses. Zu den Themenkomplexen, die am Samstag erarbeitet wurden, wird es mehrere Bürgerwerkstätten geben, an denen sich alle Interessierten beteiligen können. Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung, die den Rahmen publikumsreicher Veranstaltungen womöglich scheuen, werden zusätzlich zu zwei Terminen im kleineren Kreis eingeladen.

Neue Adresse: http://aktionsplan.landkreis-muenchen.de

Alle wichtigen Informationen werden auf einer eigenen Homepage des Landkreises unter http://aktionsplan.landkreis-muenchen.de bereitgestellt. Hier wird es zukünftig auch die Möglichkeit geben, sich über eine Kommentarfunktion unmittelbar zu verschiedenen Themenkomplexen zu äußern. Unter der E-Mail-Adresse aktionsplan [at] lra-m.bayern.de###EMAIL###title="E-Mail schreiben" class="link__mail" kann man auch direkt mit den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landratsamt Kontakt aufnehmen.

Die Erarbeitung des Aktionsplanes wird rund 18 Monate in Anspruch nehmen. Dann ist der erste, aber wichtige Meilenstein auf dem Weg zu einem inklusiven Landkreis gesetzt. Wir bitten alle Betroffenen, ihre Angehörigen, Interessierte und unsere engagierten Dienste der Behindertenarbeit weiterhin um ihre tatkräftige Unterstützung.