Ein Paradies für Insekten und Vögel

Lisa und Paul Kellner aus Neubiberg gewinnen ersten Gartenwettbewerb „Privat ProVielfalt“

Die Preisträger Lisa und Paul Kellner (2. und 3. v.l.) mit Hündin Fanni und Benjamin Ungar, Susanne May von der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt sowie Ute Borchers, Projektbetreuerin des Fördermittelgebers beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. aus Bonn.

Ende Oktober ist auch der kleine Reihenhausgarten von Lisa und Paul Kellner in Neubiberg in ein herbstliches Kleid gehüllt, doch noch immer blüht es in vielen Ecken des Naturgartens. Welch vielfältige Lebensräume der nur rund 350 m² große Garten Pflanzen und Tieren bietet, lässt sich nicht auf den ersten Blick erfassen. Trotz seines schmalen, länglichen Ausmaßes ist es Familie Kellner gelungen, viele Nischen und Plätze zu schaffen und so ganz unterschiedlichen Tier- und Pflanzenarten ideale Bedingungen zu bieten. Für diesen außergewöhnlichen Naturgarten wurde das Ehepaar Kellner mit dem ersten Platz beim Gartenwettbewerb „Privat ProVielfalt“ ausgezeichnet.

„Jedes Jahr sieht der Garten anders aus“, erzählt Lisa Kellner den Juroren von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts, die den Gartenwettbewerb im Rahmen des großen Biodiversitätsprojekts „NaturVielfalt Leben im Landkreis München“ jetzt erstmals ausgelobt haben. „Die Wildpflanzen säen sich selbst aus und suchen sich den besten Standort“, so Kellner.

Die Übergänge zwischen den verschiedenen Bereichen sind fließend. Einzelstehende Bäume, Sträucher und viele Kletterpflanzen bilden den Rahmen, dazwischen schwingt sich ein kleiner, unversiegelter Trampelpfad vom Steingarten am Naturteich vorbei, durch abgemagerte und blütenreiche Saumbereiche mit Stauden und Kräutern bis hin zum Hochbeet und Wurmwanderkasten, der mit seinen beiden Kammern für eine schnelle und effektive Umsetzung des im Garten anfallenden organischen Materials sorgt.

Durch den Abtrag von Oberboden und die Gestaltung des Gartens mit magerem, kiesigem Substrat wurde der Grundstein für die Artenvielfalt gelegt. Denn viele unserer heimischen, immer seltener werdenden Pflanzenarten können dort auf nährstoffarmen Böden noch bestens gedeihen. Starkwüchsige Konkurrenten, die sonst weit verbreitet sind, können sich dort nicht halten. In der Folge etabliert sich ein artenreicher Bestand an Pflanzen, der vielen Lebewesen, darunter auch spezialisierten Tierarten, Nahrung bietet. Sogar Mauersegler, die sonst eher auf Kirchtürmen oder anderen erhöhten Plätzen nisten, haben in speziellen Brutkästen an der Hausfassade einen Platz zum Brüten gefunden.

Die Jury hat nicht nur die ausgeklügelte Anlage und die immense Vielfalt des Gartens überzeugt, er ist vor allem auch Beweis dafür, dass mitten in einer Wohnsiedlung auf begrenztem Raum eine Oase für Tiere und Pflanzen geschaffen werden kann. Das Preisgeld von 500 Euro will Familie Kellner dazu nutzen, den Garten weiterzuentwickeln.

Lebensraum für Zaunkönig und Co.

Insgesamt 36 Bewerbungen mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten sind beim ersten Gartenwettbewerb „Privat Pro Vielfalt“ eingegangen. Den zweiten, mit 300 Euro dotierten Platz belegte Familie Leitenberger aus Furth (Oberhaching). Auch dieser Garten überzeugt durch eine sehr große Vielfalt an verschiedenen Lebensräumen mit einem breiten Spektrum von feuchten bis hin zu trockenen Lebensräumen. Schon im Eingangsbereich bietet die flächendeckend bewachsene Stellplatzüberdachung mit Efeu Unterschlupf für viele Insekten und Vögel, unter anderem auch für nistende Zaunkönige. Daran schließt sich ein Vorgartenbereich an, der sich als Sukzessionsfläche auf magerem Kies entwickelt hat. Eine Vielzahl von spezialisierten Pflanzen für trockenheitsverträgliche Standorte konnte sich hier ansiedeln. Ein Gartenteich, zwei große Trockenmauern mit vielen Nischen und Spalten, große, teils von Klettergehölzen bewachsene Bäume sowie ein arten- und blütenreicher Wiesenbereich ergänzen das große Angebot an Lebensräumen.

Zwei dritte Plätze

Den mit jeweils 100 Euro dotierten dritten Platz teilen sich Nina Fuchs aus Ismaning und Familie Bach aus Unterhaching.

Der Schrebergarten von Nina Fuchs ist ein Paradies für Insekten. Denn der Gartenbesitzerin gelingt es, sehr viele Übergänge und Nischen zu schaffen. Dabei liegt ihr Fokus auf der Förderung der bedrohten Insekten. Ein eigens für bodenbrütende Insekten angelegtes Sandarium und eine mit kiesigem Substrat aufgebaute Fläche schaffen einen besonderen Lebensraum für Wildbienen. Kleingarten- und Schrebergartenparzellen sind deshalb für die Förderung der biologischen Vielfalt interessant, weil hier eine sehr große Vielfalt an Pflanzen zusammentreffen kann. Je mehr Pächter einer solchen Gartenanlage die Gestaltungsgrundregeln für einen naturnahen Garten berücksichtigen, desto mehr Lebensraum finden heimische Pflanzen und Tiere vor.

Artenvielfalt durch Gemüsegärtnern, das trifft auf den Garten von Gertrud und Engelbert Bach aus Unterhaching zu. Durch das Anbauen vieler Kräuter und Gemüsesorten ist der Garten das ganze Jahr über reich an Blüten. Viele Obstbäume, Beerensträucher, eine Hainbuchenhecke sowie eine blütenreiche Wiese und Staudenbeete vervollständigen das vielfältige Angebot an Blüten und Lebensräumen im Garten. Chemische Pflanzenschutzmittel, chemisch-synthetische Dünger und die Verwendung von Torf sind tabu. Stattdessen wird auf natürliche Mittel wie zum Beispiel Brennnesseljauche gesetzt. Der Stoffkreislauf des anfallenden organischen Materials ist vorbildlich, alles wird wiederverwertet. In diesem Garten gelingt es, Nahrungsmittel anzubauen und gleichzeitig sehr viel Nahrung und Lebensraum für Insekten und andere heimische Tierarten anzubieten.

Das Projekt „NaturVielfalt Leben“

Das Projekt „NaturVielfalt Leben im Landkreis München“ hat zum Ziel, die biologische Vielfalt im Landkreis zu fördern und für zukünftige Generationen zu erhalten. Dabei werden einerseits aktiv Maßnahmen für den Erhalt und die Förderung vieler nützlicher Insekten wie Schmetterlinge und Wildbienen ergriffen, andererseits sollen über Beratungs- und Bildungsangebote möglichst viele Menschen im Landkreis für die Natur begeistert und zum Mitmachen angeregt werden. Das Projekt wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert.

Dass auch in Privatgärten ein wichtiger Beitrag zur Förderung der biologischen Vielfalt geleistet werden kann, hat der ersten Gartenwettbewerb „Privat ProVielfalt“ eindrucksvoll gezeigt.
Weitere Informationen zum Projekt, den Preisträgerinnen und Preisträgern des Gartenwettbewerbs und hilfreiche Tipps, wie Sie Ihren eigene Garten naturnah gestalten können, gibt es auf der Website des Landkreises im Bereich naturvielfalt-leben.